Français   Deutsch     Italiano   Español   Nederlands

Offener Brief an die Regierungen von Österreich und Deutschland

Als Sprachlehrer oder Sprachliebhaber, die sich der Bedeutung des Sprachenunterrichts für den Aufbau Europas bewusst sind, beobachten wir mit großer Sorge die aktuelle Entwicklung in Deutschland und Österreich.

In vielen Ländern schmilzt die Zahl der Deutschlernenden wie Schnee an der Sonne.

Das ist schlimm für den Aufbau Europas, denn die Sprache ist der unerlässliche Schlüssel zu gegenseitigem, tiefer gehendem Kennen Lernen, zum Überbrücken interkultureller Missverständnisse, zur Bewahrung des Kulturgutes und für den Fortbestand der kulturellen Vielfalt in Europa.

Das ist besonders schlimm für Deutschland (und in geringerem Maße auch für Österreich), denn ihr Bild im Ausland hängt weitgehend von ausländischen Germanisten ab, die nach dem Zweiten Weltkrieg die enormen Anstrengungen, zu zeigen, daß die Bundesrepublik ein modernes, demokratisches, weltoffenes Land geworden ist, aufgenommen und weiter verbreitet haben. Gegenwärtig ist in zahlreichen Ländern parallel zum Verschwinden des Deutschunterrichtes eine drastische Verschlechterung des Deutschlandbildes festzustellen. So gilt beispielsweise Deutsch heute bei französischen Jugendlichen als eine "Kriegssprache", aber nur bei solchen, die kein Deutsch lernen.

Wenn Österreich und Deutschland an diesem Rückgang des Deutschunterrichtes im Ausland sicher nicht allein schuld sind, so tragen sie doch eine sehr große Mitverantwortung. Die ausländischen Germanisten können heute glauben, ihr Fach, ihre Arbeit, ihr Arbeitsplatz werde von den Ländern, deren Sprache sie unterrichten, mutwillig zerstört: Der DAAD demotiviert unsere Schüler und Studenten, indem er damit wirbt, dass man kein Deutsch können müsse, um in Deutschland zu studieren. In Kasachstan (u.a.?) wurden bei einer Stipendienvergabe Studenten, die nie Deutsch gelernt haben, bevorzugt. Der Pädagogische Austauschdienst verändert eigenmächtig europäische Abkommen und arbeitet im Rahmen europäischer Projekte unter dem Vorwand, kein Geld für Übersetzungen zu haben, oft nur auf Englisch, beantwortet auch auf Deutsch geschriebene Briefe in dieser Sprache. Das Goethe-Institut provozierte einen Boykott in Belgien.

Ebenso schlimm oder schlimmer ist, dass die Sprache ihre Attraktivität verliert: zahlreiche Texte sind in einem deutsch-englischen Kauderwelsch geschrieben, das nicht mehr unterrichtet werden kann und das die deutsche Sprache jeder Attraktivität beraubt. Wir können nicht glauben, daß nichts zu machen wäre. Wir bitten Sie inständig, sich des Ausmaßes des Problems bewusst zu werden und mit allen Mitteln zu einer Veränderung der aktuellen Situation beizutragen. Sorgen Sie dafür, dass die deutsche Sprache eine internationale Sprache bleiben kann!

Wir weisen Sie auch darauf hin, daß Ihre Verantwortung sich nicht allein auf die deutsche Sprache beschränkt. Wie der Europarat feststellt, bedeutet die europäische Sprachenvielfalt ein reiches kulturelles Erbe, das erhalten und geschützt werden muss.

(Empfehlung 1383/1999 des Europarates) Mehrere europäische Länder haben entsprechende gesetzliche Regelungen getroffen, wohl wissend, daß diese Maßnahmen nur dann Erfolg haben können, wenn andere diesem Beispiel folgen. Nehmen Sie nicht die Verantwortung auf sich, zum Scheitern der europäischen Maßnahmen zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt beizutragen!

Wir bitten Sie ausdrücklich noch einmal: Unternehmen Sie etwas für die deutsche Sprache! Tragen Sie zur Erhaltung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt Europas bei!

Wir stellen uns vor

Informationen, Texte und Dokumente